Das Städel Museum Frankfurt zeigt noch bis in den Januar eine Hommage an einen Jahrhunderkünstler: Victor Vasarely. „Vasare-wer?“ — wenn Ihnen dieser Name nichts sagt, dann sollten Sie schnellstmöglich ein Ticket für das Städel buchen und auf die Spuren der sogenannten „Op-Art“ gehen.
Zugegeben. Ich bin alles, nur kein Kunstkenner. Wer meinen Blog liest, weiß das. Was nicht ausschließt, dass ich Kunst genießen und im Anschluss darüber schreiben kann. Der Fakt, dass ich ein impulsiver Konsument von Kunst bin, erklärt auch, wie ich meinen Zugang zur Vasarely-Ausstellung im Städel Museum Frankfurt gefunden habe. Das Werbeplakat fand ich so strukturiert und aufgeräumt anziehend, dass ich die Schau unbedingt sehen wollte.
Von Victor Vasarely hatte ich noch nie gehört. „[Wa|sarel?]“, „[Wasa|rel?e]“ — ich wusste ja nicht mal, wie man den Künstler richtig ausspricht. Glücklicherweise gibt es zur Vorbereitung auf den Besuch wieder ein sogenanntes Digitorial, einen frei zugänglichen Ausstellungsführer, der als Medium der digitalen Kulturvermittlung dem Besucher multimedial in angenehmen Bildungshäppchen den Hintergrund der Ausstellung vermittelt.
Vasarely war ein französischer Maler, Grafiker, Künstler und Begründer der sogenannten Op-Art. Letzteres ist eine Stilrichtung der bildenden Kunst, bei der der Betrachter an die Grenzen seiner optischen Wahrnehmung geführt wird. Dies wird zumeist mit abstrakten Mustern und geometrischer, sich einer Logik unterworfener Farbfiguren erreicht. Der 1906 geborene und 1997 verstorbene Vasarely dürfte im Jahr 1972 den Höhepunkt seines Schaffens erreicht haben. In diesem Jahr schuf er nicht nur die populäre Renault-Raute und das Logo der Olympischen Spiele in München, sondern auch das Werk „Speisesaal“, eine Rauminstallation in der Vorstandskantine der Deutschen Bundesbank, befindlich im 13. Stock des brutalistischen Hauptverwaltungsgebäude in der Frankfurt Wilhelm-Epstein-Straße.
Dieses Werk ist auch das erste Werk der Vasarely-Ausstellung im Städel. Diese wuchtige Rauminstallation beginnt eine Zeitreise rückwärts, die ergründen soll, wie sich das Wirken Vasarelys von seiner künstlerischen Frühphase hin zur Vorwegnahme einer Ästhetik, die man in der Folgezeit eher mit digitalen Fraktalen und Computerspielen verbindet, entwickelt hat.
Um die Ausstellung genießen zu können, muss man Zeit mitbringen. Nicht nur um die Vielfalt der teilweise großen und sehr offensiv ausgerichteten Werke genießen zu können, sondern auch weil das menschliche Auge von den vielen optischen Reizen schnell überfordert ist. Es lohnt sich beim Betrachten der Bilder und Installationen öfter den Standort zu wechseln, von einem Bein auf das andere zu trippeln, den Winkel zum Objekt zu ändern. Nur so erfährt man die gesamte optische Täuschung und die räumliche Tiefe. Zwischen den Werken bietet sich ein Blick auf die in schlichtem Weiß gehaltenen Außenwände an, um – analog der Kaffeebohnen bei einem olfaktorischen Test – seine optische Wahrnehmung wieder auf „Null“ zu kalibrieren.
Wer verspielte Kunst schätzt, wird bei Vasarely nicht auf seine Kosten kommen. Wer klare Strukturen, kräftige Farben und das omnipräsente Spiel mit Raum und Tiefe liebt, der wird diese Ausstellung lieben. Im 1. Teil der Ausstellung finden sich seine mutmaßlich bekannteren Werke, die eher in der Hochzeit seines Schaffens liegen. Der 2. Part im oberen Teil des Ausstellungstraktes beleuchtet seine Frühwerke. Durch diese Anordnung lässt sich hervorragend erkennen, wie sich sein Stil über die Jahrzehnte zu einem aufgeräumten, klar strukturierten, fast schon mathematisch-akkuraten Malstil entwickelt hat.
Diese Anordnung der Werke in den zeitlichen Kontext bringt jedoch einen Nachteil mit. Die Spannungskurve der Schau selbst reißt mit dem Wechsel vom 1. zum 2. Ausstellungteil ab: die beiden Teile in sich zeigen einen klaren stilistischen Bruch. Während die sogenannte „Zebraserie“ noch den Reigen der optischen Illusionen fortsetzt, ist das frühwerkliche Schaffen von Vasarely eher geprägt vom Bauhausstil. Auch das kann man mögen, entsprach aber nicht meinem Geschmack, insbesondere deshalb nicht, weil es ja gerade sein Spätschaffen war, das mich in die Ausstellung gelockt hat.
Dennoch muss man die Vasarely-Ausstellung gesehen haben. Neben dem Digitorial sind insbesondere die hervorragende Kuration, die optimale Präsentation sowie die klaren, punktgenauen Begleittexte zu loben, die auch kunstinteressierte Nicht-Experten begeistern dürften. Wenngleich es auch nur irgendetwas zu meckern gäbe, wäre es, dass das sehr schön produzierte Ausstellungsvideo sich nicht im Digitorial wiederfindet, sondern man gezielt nach ihm auf YouTube suchen muss.
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Die Frage, wie Victor Vasarely ausgesprochen wird, kann übrigens leicht recherchiert werden. Sie ist – wie alles im Leben – eine Frage der Perspektive und wohl auch der Muttersprache. Antwortoptionen gibt es hier.
Die Ausstellung „Vasarely — Im Labyrinth der Moderne“ läuft noch bis zum 13. Januar 2019. Tickets sind ab EUR 14,00 erhältlich. Das Digitorial kann hier besucht werden.
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