Das MMK Museum für Moderne Kunst in Frankfurt hat in den letzten sechs Monaten in einer Überblicksausstellung Werke der Minimal Art gezeigt. Mit „Primary Structures“ schlug das MMK die Brücke zur gleichnamigen Ausstellung im Jewish Museum in New York, 1966. Die minimalistischen Kunstwerke, die sich zumeist auf geometrische Grundstrukturen beschränken, können in der Ausstellung nicht immer überzeugen. Eine Nachlese.

Als die Ausstellung „Primary Structures“ am 27. April 1966 im Jewish Museum in New York eröffnet wird, sollte der Meilenstein für eine gänzlich neue Kunstform gelegt werden: die Minimal Art. Das MMK Museum für Moderne Kunst Frankfurt hat in seiner Außenstelle MMK 2 diesen Meilenstein aufgegriffen und die Minimal Art unter gleichem Ausstellungstitel wiederaufleben lassen.

Bereits im Aufgang zur Ausstellung darf man im weiß gestrichenen Treppenhaus akustische Minimalkunst genießen. Peter Roehrs Werk ohne Titel mit der kryptischen Bezeichnung „TO-1 TO-26“ aus dem Jahr 1966 lässt Ton-Montagen durch die Hallen am Taunustor erklingen. Fragmente aus Werbespots, Moderationen und Nachrichten bunt aneinandergereiht. Der Sammlungskatalog erklärt diese Montage mit einer Auseinandersetzung einer „modernen Umweltästhetik“. Klar ist schon jetzt: Minimalkunst ist nicht deckungsgleich mit dem Begriff Installationen zu verstehen, sondern kann jegliche menschlichen Sinne ansprechen.

Den Auftakt in die Ausstellung bildet Dan Flavins Licht-Raum-Installation „Two primary series and one secondary“. Das Werk ist eine Rekonstruktion einer Ausstellung der Galerie Heiner Friedrich in München, 1968 und bezieht sich in seinem Titel auf die eingesetzten Farben. Blaue, gelbe und rote Neonröhren werden ergänzt von der Sekundärfarbe Grün. Die in sich geteilten Raumabschnitte werden so in eine einzigartige Farberfahrung getaucht, die den Besucher ein einzigartiges Farb- und Raumerlebnis vermittelt.

Während diesem Kunstwerk die eigene Raumwirkung und so ein singuläres Erleben gegönnt wird, müssen sich die anderen Werke einzelne Raumabschnitte teilen, was der Rezeption nicht immer zuträglich ist. Teilweise wirken die einzelnen Werke gedrungen, wie zum Beispiel Donald Judds Werk „Untitled (Eight Modular Unit V-Channel Piece“ aus 1967, das arg dicht an Sarah Morris „Parrot (Origami)“ aus 2009 platziert ist.

"Non-art", "anti-art", "non-art art" and "anti-art art" are useless. If someone says his work is art, it's art.

Donald Judd (1966)

Während der Ausstellung muss der Besucher die stete Grenze abschreiten, ob die zur Minimalkunst reduzierten Werke für sich selbst als Kunst zu werten sind oder eben doch das sind, für das sie ursprünglich produziert wurden, nämlich schlichte Werkstücke aus Plastik, Metall oder Holz. In diesem Spannungsfeld bewegen sich fast alle Installationen dieser Ausstellung. Und genau an dieser Schwelle scheitern einige Kunstwerke dieser Ausstellung.

So zum Beispiel das Werk „Vierkantrohre, Serie D“ der Frankfurter Künstlerin Charlotte Posenenske. Das an eine industrielle Klimaanlage erinnernde Werk dürfte jeder Spengler in seinem Leben bereits in der Hand gehabt haben. Die schlichte Ansammlung von Aluminiumstücken einer Lüftungsanlage kann als Minimalkunst genauso wenig überzeugen, wie das zeitgenössische Werk „speckig“ von Andreas Slominski, 2016. Die blauen, aufgetürmten Sanitärcontainer, allesamt 1000 Liter fassende Sanitärtanks, die normalerweise unter „Dixi-Häuschen“ weilen, können die im Ausstellungskatalog versprochenen Assoziationen nicht halten.

Bei aller Kritik an einigen Werken sollen nicht die Highlights der Ausstellung vergessen werden, die zum großen Erfolg der Ausstellung verhelfen. Parallel zur Ausstellung „Fotografien werden Bilder – die Becher-Klasse“ finden sich auch im MMK 2 Werke von Bernd und Hilla Becher. Die Typologie „Hallen“ zeigt die enge Verquickung von Industrie und Minimalismus und bereichert auch diese Minimal-Art-Sammlung sehr. Ebenfalls als Highlight darf das riesige Werk „35 Timber Line“ aus 1968 von Carl Andre gewertet werden. Mit 35 Metern ist dieses Werk erstmalig in seiner vollen Ausbreitung und Raumteilung zu sehen. Und auch Dan Flavins Werk „Untitled (to Barbara Nüsse)“ aus 1971 ist ein beeindruckendes Werk. Als fluoreszierendes Lichtsystem scheint das Kreuz aus zwei Leuchtstoffröhren die Raumkanten förmlich auszulösen.

Im Allgemeinen liegt die Niveaulatte der Ausstellung doch sehr hoch. Was auch an dem Who-is-who der Künstler liegt. Neben den bereits genannten sind dies Carl Andre, Richard Artschwager, Jo Baer, Michael Beutler, Benedikte Bjerre, Alighiero Boetti, Bill Bollinger, George Brecht, Marcel Broodthaers, Walter De Maria, Ceal Floyer, William Forsythe, Günther Förg, Isa Genzken, Hermann Goepfert, Bethan Huws, On Kawara, Ellsworth Kelly, Joseph Kosuth, Gary Kuehn, Barry La Va, Robert Mangold, Teresa Margolles, Bruce Nauman, Kenneth C. Noland, Blinky Palermo, Steven Parrino, Angelika Platen, Timm Rautert, Reiner Ruthenbeck, Ulrich Rückriem, Robert Ryman, Fred Sandback, Richard Serra, Paul Sharits, Santiago Sierra, Andreas Slominski, Lewis Stein, Heide Stolz, Franz Erhard Walther, Jonas Weichsel und Lawrence Weiner.

Resümee: Die Faszination der Minimal Art wurde von der Ausstellung „Primary Structures“ hervorragend in Szene gesetzt, wenn auch kleinere Mängel zu nennen sind. Die Überblicksausstellung zeigt, welche Bedeutung das MMK Museum für Moderne Kunst mittlerweile einnimmt. Die Ausstellung zeigt ebenfalls, das die Minimalkunst ihren Weg in die Gegenwart gefunden hat und zeigt, dass zeitgenössische Künstler weiterhin intensiv an Primärstrukturen arbeiten.

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