Audiotext zum Nach- und Mitlesen:

Armes Deutschland! Da braucht es erst ein 4,5-Millionen Einwohner starkes, kleines, erzkonservatives Land an Europas westlichem Rand … bevor hier ein überfälliger gesellschaftlicher Diskurs in das Bewusstsein unserer Politik rückt. Irland hat sich mit fast zwei Drittel seiner Stimmen für die Homo-Ehe entschieden.

Es ist ein Beweis dafür, dass ein tief verwurzelter Gottesglaube und Toleranz eben nicht im Widerspruch zu einander stehen. Seit dem ersten Zugestehen der standesamtlichen Ehe auch an homosexuelle Menschen — das war 2001 in unserem Nachbarland, in den Niederlanden — hat fast Gesamt-Westeuropa die Homo-Ehe verabschiedet.

Nur nicht Deutschland. Ein Land, das gesellschaftliche Entwicklungen in einer beispiellosen Mutlosigkeit gepaart mit kleinkarierten Regelungen und Bürokratie erstickt.

Ganz gleich ob in Europa, oder singulär in Deutschland betrachtet, die gesellschaftlichen Formen des Zusammenlebens haben sich verändert. In den letzten Jahrzehnten haben sich neue Beziehungskonstrukte entwickelt, so wie z.B. Patchworkbeziehungen oder Regenbogenfamilien.

Was sich seit je her nicht verändert hat, das ist die Liebe zwischen zwei Menschen. Und diese Freiheit der Liebe ist in Deutschland garantiert: durch unsere Verfassung. Artikel 3 unseres Grundgesetzes setzt alle Menschen vor dem Gesetz gleich.

Warum also bleibt homosexuellen Menschen die Ehe verschlossen, wenn sie nicht de jure gleich sind?

Die Antwort ist nicht in unserer Gesellschaft zu finden, sondern in der Politik. Die 18. Wahlperiode unseres Deutschen Bundestages wird von einer Großen Koalition regiert. Und die wird bekanntlich angeführt von christlich-konservativen Unionsparteien. CDU und CSU wollen die gesellschaftliche Fortentwicklung gar nicht sehen, weil sie fürchten, sie könnten die kirchentreuen Basiswähler vergraulen. Die Homo-Ehe wird es in dieser politischen Konstellation somit nicht geben. Das weiß auch Justizminister Heiko Maas von der SPD, der morgen einen Gesetzentwurf über eine Erweiterung der eingetragenen Lebenspartnerschaften einbringen wird. Aber eben keine gleichberechtigte Homo-Ehe.

Peinlich, denn Deutschland mit seiner Bevölkerung ist dieser Politik längst entwachsen: es ist toleranter, entspannter und sowohl sachlich als auch emotional wesentlich reflektierter als unsere Volksvertreter. Längst ist der Mehrheit in diesem Lande klar, dass die Homo-Ehe nicht die klassische Eheschließung ersetzt oder gar gefährdet, sondern schlichtweg legalisiert, was als Beziehungsformen schon längst akzeptiert ist.

So bleibt zu hoffen, dass es mal wieder das Bundesverfassungsgericht wird, welches die Dinge gerade rückt. So sprach es in einem Urteil über das Adoptionsrecht 2013 von folgendem:

„Es ist davon auszugehen, dass die behüteten Verhältnisse einer eingetragenen Lebenspartnerschaft das Aufwachsen von Kindern ebenso fördern können wie die einer Ehe.“

Es scheint, es müsste gerade diese juristische Instanz immer wieder die Volksparteien zu einem modernen Kurs zwingen. Einen Kurs, der in Ländern wie Südafrika und sogar in 37 von 50 US-Bundesstaaten schon umgesetzt ist. Denn dort ist die Homo-Ehe bereits in Kraft. Und das ist mehr als peinlich! Armes Deutschland!