Audiotext zum Nach- und Mitlesen:

„Hi, meine Lieben, wie geht’s euch denn heute so? Mir. Doch. Egal. #OpelGoesGrumpy.”

Als diese 81 Zeichen über den Twitteraccount des Automobilbauers Opel gingen, ahnte noch keiner, was dieser Tweet mit diesem mysteriösen Hashtag soll. Das hörte sich so gar nicht nach einem offiziellen Statement von Opel an. So mach’ Twitteruser glaubte gar, der Account sei gehackt worden.
Das Wort „grumpy“ ist als Meme ja durchaus im Internet bekannt geworden, insbesondere durch die „Grumpy Cat“, eine Katze, die so einen markanten Gesichtsausdruck hegt, dass man wirklich denken könne, sie sei bis aufs Tiefste genervt, beleidigt oder missmutig.
Der Hashtag #OpelGoesGrumpy, also wörtlich übersetzt „Opel wird miesepetrig“ oder „mürrisch“ markiert seitdem mehrere Tweets, in denen der Rüsselsheimer Automobilbauer vom netten PR-Twitter-Klischee abweicht und ganz derbe gesprochen – linguistisch die Sau rauslässt. In der Twitterredaktion von Opel scheint es derzeit keine Grenzen zu geben, weder gegenüber anderen Usern noch anderen Unternehmen wie die folgenden Tweets belegen.
Da heißt es unter anderem: (Zitat)

„Der Unterschied zwischen @astrabier und #OpelASTRA: Euer Bier schmeckt scheiße und wir haben mehr Umdrehungen. #OpelGoesGrumpy

oder auch eine Antwort an den User @beinahkunst, der Opel schrieb:

„Wann kann ich mein Twitterpraktikum bei euch beginnen? Referenzen: Bin Misanthrop. Sollte bei dem Marketing genügen.“

Die Antwort folgte prompt:

@beinahkunst Bitte fang einfach an. Noch heute. Jetzt. Den Social Media Müll hier machen nur Idioten, da passt du gut rein.“

In den Sozialen Netzwerken wird Opel bereits für diese Kampagne gefeiert. Dabei ist sie nicht mehr als ein „Stoßen ins Horn“ eines aktuellen Trends. Sich im Internet einer flapsigen Sprache zu bedienen und mit der aus der Deckung heraus zu schießen, ist heute Normsache. Dabei bleibt man üblicherweise anonym oder – man ist eben so selbstbewusst und egozentrisch – dass einem die Reaktionen gegen das konstante Verstoßen von gesellschaftlichen Normen, Konventionen und Werten schon nichts mehr ausmachen. Andere Unternehmen – und darunter befinden sich im Fall von Opel auch Wettbeweber – schlecht zu reden, scheint heute zum guten Ton in den sozialen Netzwerken zu gehören. Hat man selbst keine Ideen, dann macht man einfach das schlecht, was andere gestalten. Das Wortgefecht unter der Gürtellinie der Social-Media-Redaktionen nennt man dann ironischerweise selbst wiederum „Kreativität“ im Branchenjargon. Wo eigene Professionalität, Esprit und Witz keine Lücke mehr finden, überspielt die gesellschaftliche Verrohung und das Lächerlichmachen anderer eigene wirtschaftliche und menschliche Schwächen.
Womit Opel mit seinem Hashtagkonstrukt hinauswill, ist bislang unbekannt. Das dürfte auch nur aus der PR-Perspektive so wirklich spannend werden. Mindestens genauso relevant wird der Einschätzung des Kommentierenden nach der rechtliche Aspekt dieser Kampagne.
Unterm Strich scheint Opel hier auf dünnem Eis zu wandern. Das Wettbewerbsrecht erwartet von Marktteilnehmern einen fairen Wettbewerb. Dazu gehört auch das Einhalten einer gewissen werblichen Achtungsgrenze gegenüber anderen Marktteilnehmern. Im konkreten Falle gehen die als lustig empfundenen Tweets über das Wettbewerbsrecht hinaus hin zum Strafrecht. Einen anderen Twitter-User mit dem eben schon zitierten Tweet „Den Social Media Müll hier machen nur Idioten, da passt du gut rein“, zu brandmarken, ist von Juristen zu prüfen und könnte schlichtweg die Erfüllung eines Straftatbestandes sein: Beleidigung nach §185 StGB. Denn bei aller „Coolness“, die diese PR-Aktion erhaschen will, so ist sie definitiv für eines nicht geeignet: Satire. Opel ist und bleibt kein Künstler, sondern schlichtweg ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Auch wenn diese Erkenntnis die Opel-PR-Redakteure richtig „grumpy“ machen dürfte.

Quellen/Ausschnitte von Twitter