Eine Sportart stellt sich neu auf: der neue Masterplan der Volleyball Bundesliga

2014 gaben sich die Vereine der Volleyball Bundesliga zum ersten Mal eine vierjährige Selbstverpflichtung, die von Beginn an höchst umstritten war: der sogenannte Masterplan. Nun wurde das Leitbild der Liga aktualisiert und erneut verabschiedet.

Seehotel Zeuthen. In einem großen Konferenzraum sitzen über einhundert Vereins- und Teammanager der Volleyball-Bundesligisten. Der Prokurist ruft per Mikrofon den „Antrag 5“ auf und bittet wenig später um Abstimmung. Auf die Frage „wer stimmt dafür?“ recken fast alle stimmberechtigten Vereinsvertreter ihre bunten Abstimmungskarten in die Höhe. Mit diesem schlichten parlamentarischen Verwaltungsakt ist er beschlossen: der neue Masterplan der Volleyball Bundesliga (VBL).

Was in fast fünfundvierzig Sekunden recht schnell abgewickelt ist, hat im Vorfeld der Bundesligaversammlung viele diskussionsträchtige Sitzungen verzehrt. Keine andere selbst dedizierte Entwicklungsperspektive hat in den letzten Jahren so sehr polarisiert wie der Masterplan. In mehreren Arbeitskreissitzungen hatten die Vereinsvertreter bereits vor der finalen Abstimmung um den neuen Wortlaut des Masterplans demokratisch gerungen.

2014 wurde der erste Masterplan verabschiedet. Die Mehrheit der Erst- und Zweitligisten erkannte die Notwendigkeit, die eigene Sportart hinsichtlich einer Professionalisierung, Eventisierung und Neuausrichtung der Außendarstellung ambitioniert aufzustellen. Die Folge waren hohe organisatorische und finanzielle Aufwände, die insbesondere finanzschwächere Clubs vor hohe Hürden stellten. So wurde die wirtschaftliche Lizensierung gestrafft, hauptamtliche Pflichtstellen in Vereinen geschaffen und noch weitere Infrastrukturanforderungen gestellt. Eine davon war der von den Erstligisten anzuschaffende, einfarbige und auf die Volleyballlinien reduzierte Rollboden, der für die klare Darstellbarkeit in Fernsehübertragungen bzw. Videostream benötigt wird. Letzterer wurde seitens vieler Fans die Metapher für die aus ihrer Sicht gefühlte Schikane durch die Masterplan-Vorgaben.

Tatsächlich waren die Belastungen in der abgelaufenen Masterplanperiode für die Vereine sowohl in den ersten als auch in den zweiten Ligen sehr hoch, wenngleich aus Sicht des Autors auch nötig, um in der Entwicklung mit Querblick auf Konkurrenzsportarten Schritt halten zu können. Unter dieser Prämisse war jedoch schon während der angesprochenen Verhandlungsphase in den Arbeitskreissitzungen klar, dass das Entwicklungstempo zukünftig nicht mehr so rasant vonstattengehen könnte. So stand die Neufassung des Masterplans unter dem Credo (Zitat VBL) „durchatmen und verstetigen“. Gemeint ist damit, das hohe Niveau zu halten und in den nächsten vier Jahren kleinere Dosen der anzuhebenden Standards zu verabreichen, ohne die kontinuierliche Entwicklung der Sportart auszubremsen. VBL-Geschäftsführer Klaus-Peter Jung dazu: „In vielen Bereichen sind wir auf einem ausgezeichneten Weg. Gemeinsam mit den Repräsentanten der Erst- und Zweitligisten haben wir uns entschieden, in den kommenden Jahren an die Vereine keine zusätzlichen Anforderungen zu stellen.“

Die neue Fassung des Masterplans, die auf der Seite der VBL für die Öffentlichkeit einsehbar ist und die wiederum für vier Jahre Gültigkeit besitzen wird, ist nur ein Teil der Neuausrichtung der Volleyball-Bundesligen. Mit der neuen Fassung des Masterplans einher geht eine deutliche personelle Neuausrichtung des sogenannten VBL-Centers, also der Berliner Geschäftsstelle der Volleyball Bundesliga. Sie wird strategisch umstrukturiert, um sich so mehr in Richtung Vertrieb ausrichten zu können. VBL-Geschäftsführer Jung erklärt: „Es wird im Bereich des VBL-Centers Veränderungen geben. Das Profil bestehender Stellen ist geschärft worden und so ist ein neuer Stellenplan entstanden. Unser Ziel ist es, kurzfristig eine schlagkräftige Vermarktungs-Unit zu schaffen, die dem Wandel des Sportsponsorings gerecht wird.“

Gerade die Forderung der Bundesligavereine, das bislang verfehlte Ziel der Zentralvermarktung (auch mittels Ligasponsorship) durch die VBL in der neuen Masterplanperiode schlussendlich umsetzen zu können, soll mit diesem Strukturwandel erfüllt werden. Gepaart mit einer gemeinsamen Marketing-Unit von VBL und dem zugehörigen Fachverband, dem Deutschen Volleyball-Verband (DVV), sollen deutliche Mehreinnahmen generiert werden, von denen sich die Clubs eine Umlage und somit eine Refinanzierung ihrer Masterplan-Investitionen versprechen.

Der deutsche Volleyball stellt sich also geschlossen und selbstbewusst auf, wissend, dass das Produkt „Volleyball“ sich durch die zunehmende Professionalisierung nicht hinter anderen Ballsportarten verstecken muss. Das stimmt auch VBL-Geschäftsführer Jung positiv: „Die Vereinsvertreter haben bei der Bundesligaversammlung große Geschlossenheit gezeigt. Die Volleyball Bundesliga befindet sich in einem ruhigen Fahrwasser und nimmt Kurs auf eine positive Zukunft.“

Dieser neue Esprit, diese neue Leidenschaft zur Vermarktung geht fast in der Sachlichkeit der Tagesordnungspunkte der Bundesligaversammlung unter. Der Prokurist ruft bereits den nächsten Antrag auf. Und wieder werden die bunten Abstimmungskarten in die Luft gereckt, um die Zukunftsweichen für die Sportart Volleyball neu zu stellen.